Themenoffenes Treffen mit drei Schwerpunkten

 

Luftbild von Radeburgs Markt
Blick auf das Zentrum von Radeburg - mit "Faschingszelt"

Am Montag, dem 10. Juli trafen sich Teilnehmer des Runden Tisches zu einer themenoffenen Gesprächsrunde. Zu Beginn einigte man sich auf drei Schwerpunkte, die besprochen werden sollten: der Stand der Marktgestaltung, der Stand der Photovoltaik-Großanlagen und die öffentliche Kommunikation der Stadtverwaltung.

Die vierzehn Teilnehmer der Runde tauschten sich vor allem zum Thema Marktgestaltung aus. Rüdiger Ertle, der Anfang der 90er nach Radeburg kam, meinte, dass der Markt völlig seinen Charme verloren hätte „und dabei war gerade der Markt der Grund für mich hier her zu ziehen.“ Von mehreren Gesprächsteilnehmern wurde bedauert, dass auf dem Markt keine Bäume gepflanzt wurden und das vom Denkmalschutz seinerzeit ins Feld geführte Argument, dass es Bäume auf Märkten in Sachsen nicht gäbe, wurde bestritten. Gerade in Anbetracht des vielzitierten Klimawandels sei es sinnvoll, durch Bäume für Kühlung zu sorgen. Als Alternative waren von der Arbeitsgruppe Stadtgestaltung Pflanzkübel ins Spiel gebracht worden. Außerdem sah das bei der Stadtverwaltung liegende Gestaltungskonzept die Installation eines Sonnensegels vor. Zur Frage des Bearbeitungsstandes sagte Stadtrat Rüdiger Stannek: „Beim Stadtrat ist es durch, wir Stadträte unterstützen das. Es liegt nun in der Verwaltung.“ Bürgermeisterin Michaela Ritter hatte sich im Frühjahr mit der AG Marktgestaltung getroffen, sich die Vorschläge erläutern lassen, die teilweise auch schon bepreist waren, und diese zur Prüfung durch die Verwaltung angenommen. Rüdiger Stannek: „Ich verspreche, dass ich hier noch mal Druck machen werde, dass es vorwärts geht.“ Eine Finanzierung über Haushaltreste solle möglich sein.

Der „Runde Tisch“ möchte im Rahmen des Heinrich-Zille-Scheunenfestes die Möglichkeit nutzen, die Vorschläge der AG Stadtgestaltung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen und von den Bürgern weitere Vorschläge zur Belebung unserer Innenstadt zu erfahren.

Zweiter Themenschwerpunkt war die Frage zum Stand der Photovoltaik-Großanlagen. Rüdiger Stannek erläuterte noch einmal die Position der Stadträte, die vor allem in zwei Punkten von den Begehrlichkeiten der Investoren abweicht: erstens sollen die Flächen begrenzt werden. Während ein Investor nördlich der Röder die gesamte Fläche östlich der A13 bis an die Rödernsche Heide sowie einen gegenüberliegenden Streifen westlich der A13 in Beschlag nehmen will, möchte der Stadtrat nur einen 100m tiefen Streifen westlich der A13 und östlich der A13 bis an den Feldweg (Verbindung Stausee-Waldrose) gestatten. Außerdem sollten sich die potentiellen Investoren untereinander einigen, wer auf welchen Flächen investiert, was bisher nicht geschehen ist.

Klaus Kroemke erinnerte an die von zahlreichen Radeburgern und Bewohnern des Umlandes gezeichnete Anregung, im Interesse des Klimaschutzes, des Umwelt-, Natur- und Artenschutzes auf diese Anlagen gegebenenfalls zu verzichten und fügte dem noch ein ökonomisches Argument hinzu. Eine Woche zuvor, am 2. Juli, war der Stromverkaufspreis ins Negative gekippt. Der niedrigste Strompreis belief sich auf -500E. Also für den Überschuss an Wind- und Solarenergie musste Deutschland den Abnehmern noch Geld drauflegen – insgesamt 19 Millionen Euro, nur um den Überschuss loszuwerden – nur um dann nachts wieder Strom teuer einzukaufen. Der „normale“ Import (vor allem von Atomstrom) kostete zum Glück „nur“ 0,49 Millionen Euro. Das Beispiel zeigt seiner Meinung nach, dass Deutschland bereits jetzt schon so viel erneuerbare Energien hat, dass sie diese gar nicht mehr zu vernünftigen Preisen loswerden kann. Deshalb sei es ein Irrsinn, weitere Anlagen überhaupt zuzulassen, geschweige sie noch zu fördern. (Siehe Abbildung)

Defizitärer Stromhandel
Strom-Import-Export-Bilanz am 2.7.2023: selbst für den Verkauf des Stroms musste noch draufgezahlt werden. Quelle: https://www.smard.de/home/downloadcenter/download-marktdaten/

Negative Energiebilanz seit Abschaltung der Atomkraftwerke
Die Exporterlöse sind seit Mai nur noch ein Drittel der Importkosten. Der Grund ist bekannt. Quelle: https://www.stromdaten.info/ANALYSE/importexport/index.php?Z9=hv4yh2ct 

Rüdiger Stannek erklärte, in der Sache befangen zu sein, aber da die Errichtung der Anlagen auch im Interesse der Gundstückseigentümer sei – wie zum Beispiel der Agrargenossenschaft – würde er den Bau solcher Anlagen befürworten. Die Grundstückseigentümer erhielten eine zehnmal höhere Pacht von den Solarbetreibern als von landwirtschaftlichen Pächtern. Es sei auch berücksichtigt worden, dass die Vorranggebiete Photovoltaik nur dort zugelassen sind, wo die Böden von minderer Qualität und wenig ertragreich sind, so dass es der Landwirtschaft nicht groß schade. 

Andere Teilnehmer der Runde griffen auch noch einmal die Umweltfragen auf – die Erwärmung der Luft im Bereich der Anlagen, die sogar klimaschädlich sei, die Nachteile für die Tierwelt, für den Grundwasserspiegel und so weiter. Ein Fazit war allerdings auch: „Wenn sie es nicht bei uns bauen, bauen sie woanders. Sie bauen zuerst dort, wo die Widerstände – sei es in der Bevölkerung, in den Parlamenten oder den Verwaltungen – am geringsten sind.“

Letztes Thema war die städtische Kommunikation. Rüdiger Ertle verwies auf den Runden Tisch, an dem auch Bürgermeisterin Michaela Ritter teilnahm und bedauerte, dass sich seitdem nichts gebessert habe. Er wünschte sich, dass vor allem im Amtsblatt mehr Aufklärung zu den Vorhaben in der Stadt zu lesen wäre. Beschlüsse seien teilweise unverständlich formuliert und bei manchen weiß man nicht einmal, um was genau es geht. Da werden zum Beispiel nur Grundstücksnummern genannt und man muss raten, was gemeint sein könnte.

„Ich kenne das aus meinem Heimatort anders und würde gerne mal mit der Bürgermeisterin dazu ins Gespräch kommen,“ so Rüdiger Ertle. Rüdiger Stannek sagte zu, das mal anzuregen.

Das nächste Treffen des Runden Tisches ist am 21. August, 20 Uhr im "Hirsch" zur Vorbereitung der Teilnahme am Scheunenfest.


Kommentare

  1. Mit freundlicher Genehmigung veröffentliche im Folgenden einen Post aus der Whatsapp-Gruppe IG Solarparks Radeburg von Stadtrat Rüdiger Stannek zu diesem Beitrag:

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  2. Rüdiger Stannek (Teil 1)
    Hallo! Schön dass es eine akademische Diskussion über für und Wider zum PV-Freiflächen gibt. Richtig, dass dies in der Gruppe PV-Solarparks diskutiert wird. Zu den geplanten PV-Anlagen in Radeburg will ich mich aber hier mal äußern. Nur zum pflanzenbaulichen Aspekt, nicht zum vom Klaus vorgebrachten ökonomischen.
    Ich bin ja Pflanzenbauer von Beruf und habe immer danach getrachtet, den Boden möglichst vollständig und ganzjährig mit Pflanzen zu bestellen, diese ordentlich zu ernähren und gesund zu halten. Da war ich bei einigen ein Umweltsünder. Nun freue mich, welche Wertschöpfung die Pflanze plötzlich erfährt. Sie bildet ja wie wir schon lange wissen Sauerstoff, bindet CO2 und kühlt durch Verdunstung. Allerdings nur die grünen Pflanzen. Am effektivsten im Regenwald, dort eine PV-Anlagen zu errichten, wäre Klimafrevel. Am schlechtesten funktionieren Pflanzen in der Wüste. Dort eine PV-Anlage zu errichten ist wohl unbestritten klimafreundlich. Radeburg liegt irgendwo dazwischen. Näher an der Wüste als die zitierte Grünfläche in Österreich. Dort ist es im Jahresverlauf immer noch schön saftig grün, dort verdunstet es noch und bindet es dann noch, wenn in Rabu schon alles braun oder grau ist, es als vorbei ist mit der schönen Verdunstung. Der Verlust an „Grünfläche“ ist in Rabu wohl weniger schwerwiegend. Das trifft besonders auf die jetzt diskutierten Standorte zu, dort wächst kein Dauergrünland, weil das Wasser fehlt, es grünt wenige Monate, und wenn es zu heiß ist, dann verdunstet auch die grüne Pflanze nicht mehr, sie ist ja kein Selbstmörder. Und wer sich in Rabu so sehr über die Verdunstung der Pflanzen freut, der freut sich nicht mehr lange, denn in Rabu verdunstet seit der Klimawende jedes Jahr mehr Wasser als durch Niederschläge wiederkommt. Die Radeburger Pflanzen können also zunehmend weniger zur Klimarettung beitragen. Sie werden in Gegenteil zunehmend vom Helfer zum Opfer. Keine Angst, Wüste wird nicht so schnell, aber genau in diese Richtung geht es, die Sommer sind ja jetzt schon viel zu heiß, auch für den Menschen.
    Zurück zur Welt. Alle Pflanzen und Bäume der Welt waren auch schon vor der Klimawende, also als sie noch im besseren Saft standen, nicht in der Lage das vom Menschen ausgestoßene CO2 zu binden. Die Auspuffe und Schornsteine waren da brutal effektiver, die haben das Rennen um die CO2-Bilanz haushoch gewonnen. Deren Ausstoß muss deutlich runder, damit die Pflanzen wieder das Gleichgewicht halten können. Also Strom in die Autos statt Diesel und Benzin und Strom in die Heizungen statt Gas und Kohle. Das bringt nur dann was, wenn der Strom weitgehend CO2-neutral erzeugt wird.

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  3. Rüdiger Stannek (Teil 2):
    PV-Anlagen sind dazu gut geeignet. Um die Erde komplett mit Sonnenenergie zu versorgen, bräuchte man 5% der Oberfläche für PV-Anlagen, Ziel sind 2%. Auf diesen 2% sollten wir wohl auf die vermeintliche Idylle der schönen grünen Felder, -die das nie waren und jetzt noch weniger- verzichten, damit es wenigstens auf den restlichen 98% einigermaßen grünt. Ähnlich ist es mit dem Schnee, der so schön reflektiert. Ja, den hatten wir mal. Gern verzichte ich auf 2% der Fläche auf die wenigen Tage Reflektion, wenn ich dort nahezu 365 Tage im Jahr etwas gegen die wirklich gefährlichen Klimakiller ausrichten kann.
    Ganz „Schlaue“ haben gemerkt, dass man ja auch Leitungsnetze braucht, um den Strom zu verteilen. Die Netzbetreiber scheinen das zu wissen, sie wollen die PV-Anlagen immer dorthin haben wo die vorhandenen Netze den Strom auch aufnehmen können. Schön, dass sich das diesmal mit den Bodenqualitäten deckt.
    Und wenn noch jemandem weitere Nachteile der PV einfallen sollten: Auch der Anbau von Klimafreundlichen Pflanzen ist nicht ohne Nachteile. Dazu werden im Jahr auf den Radeburger Feldern und Wiesen, um nur ein Beispiel zu nennen, rund eine Mio l Diesel verbrannt, den man durch PV-Strom ersetzen könnte, dessen Abgase aber noch in die Luft gepustet werden. Auch die Hoffnung, das schönen grüne Gras der Bergwiesen in Österreich bindet CO2 trügt, denn vermutlich fressen die bösen Kühe dieses Gras und rülpsen ungeniert ihr daraus gewonnenes Methan in die Luft, und das ist noch klimaschädlicher als CO2. Die perfekte Energieerzeugung gibt es ohnehin nicht, jede hat Vor- und Nachteile. Die Herausforderung ist, diese objektiv, und unvoreingenommen gegeneinander aufzuwiegen. Einzelne Nachteile rauszukratzen und in die Welt zu schreien, hilft nicht weiter.
    Dass wir noch über die Grundsatzfragen, die ja eigentlich wissenschaftlich ausdiskutiert sind, noch streiten müssen, sei verziehen. Manchmal dauert es halt ein wenig länger, bis bestimmte Vorurteile ausgemerzt sind. Zum Diskutieren ist der runde Tisch ja auch da. Vor lauter akademischer Diskussion über Dinge, deren Entscheidung nicht in unseren Händen liegt, wäre es meines Erachtens hilfreicher, sich auf die Dinge zu fokussieren, die wir auch wirklich mitgestalten können. Die Frage nach dem Ob ist bei PV längst entschieden, wie und wohin ist für mich wichtiger. Wo stören z.B. die Anlagen am wenigsten, wie kann man sie in die Landschaft einbinden. Ich denke, dass die jetzt diskutierten Standorte, mit der von mir genannten Einschränkung wohl sowohl eine landwirtschaftlich als auch landschaftlich passende Lösung darstellen. Aber vielleicht hat einer andere Ideen.

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  4. Die Studien die als Bedenken zitiert wurden sind ja schon über 20 Jahre alt.
    2023 weiß man: Wo PV-Anlagen die ehemaligen Äcker und Wiesen bedecken, sinkt die Temperatur um bis zu 5 Grad Celsius. Im Schatten der Module gedeiht andere Vegetation als auf den zuvor besonnten Flächen und auch der Wasserhaushalt verändert sich, weil der Regen nicht mehr direkt auf die Erde trifft.
    Schön bei euch in Radeburg! Bleibt kritisch, aber lasst euch nicht von Stimmungsmachern blendern. Einmal mehr selber informieren und nicht alles glauben was ein Meinungsmacher veröffentlicht. Veränderung braucht Mut.

    https://globalmagazin.eu/themen/klima/energie-wie-solar-fabriken-das-klima-veraendern/

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